Wer elektrisch Autofahren will, denkt wahrscheinlich zuerst einmal daran, welches Auto er sich kaufen könnte. Allerdings muss man sich beim Elektroauto auch die Frage nach der Stromversorgung stellen, denn am besten ist es, ein Elektroauto immer dort zu laden, wo es am längsten steht, und das ist üblicherweise zu Hause oder am Arbeitsplatz. Schnellladen ist ja hauptsächlich eine Option für die längere Reise. Deshalb ist beim Elektroauto, anders als beim Benziner oder Diesel, die Frage nach der passenden Energieversorgung im Grunde ein integrierter Bestandteil des Autokaufs.
Die Porsche Holding Salzburg hat darauf bereits reagiert. Schließlich ist man mit 26 Prozent Marktanteil der weitaus größte Autoimporteur Österreichs – jetzt noch bei überwiegend normalen Autos. Aber diese Rolle will man auch im Rahmen der Elektrifizierung des Individualverkehrs nicht anderen überlassen. Jedenfalls darf man davon ausgehen, wenn man die Ankündigungen der Volkswagengruppe zur Elektromobilität ernst nimmt (mit Audi eTron und den Modellen auf Basis des kommenden „Modularen Elektrik Baukastens“ MEB).
Autohandel verkauft auch Ladestationen
Die Porsche Holding Salzburg hat also zu diesem Zweck eine eigene Tochter namens Moon-Power gegründet, die sich in vielfältiger Art mit dem Thema Elektroauto-Laden beschäftigt. Denn wenn die Konzernmutter Volkswagen tatsächlich ernst macht mit den Elektroautos, werden viele Fragen gleichzeitig brennend. Zuallererst nämlich für die Porsche Holding selbst, die auch für Produkte der Volkswagen-Gruppe in weiten Teilen Südosteuropas aktiv ist und weltweit Einzelhandelsunternehmen betreibt.
Robert Steinböck, Leiter Moon, spannt gleich den weitest möglichen Bogen seiner Produktpalette: „Das erste Mal in der Geschichte des Automobils ist es möglich, dass sich jeder Kunde seinen Treibstoff selbst produziert.“ Das muss natürlich nicht zwingend so sein, aber es definiert recht anschaulich die Grenzen der Aktivitäten von Moon. Es geht also um Ladeinfrastruktur bis hin zur möglichen Vernetzung mit der Photovoltaikanlage am eigenen Hausdach.
Doch der Reihe nach: Unter dem Namen Moon sind alle Produkte und Dienstleistungen zusammengefasst, die beim Kauf eines elektrischen Volkswagens benötigt werden oder zumindest begehrenswert sind. Steinböck: „Die Idee war, eine Marke zu kreieren, die markenübergreifend ist, die nicht nur auf VW, sondern auch für Audi, Seat oder Skoda passt. Wir werden auch einen E-Scooter bringen. Damit hat der Händler noch ein zusätzliches Produkt in Bezug auf E-Mobilität zu verkaufen. Wir haben ein flächendeckendes Händlernetz, wir machen einen Moon-Corner und hier sind die Produkte.“
Verkäufer auf Ladestationen geschult
In erster Linie geht es wohl darum, zum Elektroauto die passende Wallbox zu verkaufen, also das Laden zuhause zu ermöglichen, denn zwischen 80 und 90 Prozent der Ladevorgänge finden nicht im öffentlichen Raum statt, sondern über Nacht daheim. Steinböck verspicht: „Die Verkäufer sind auf die Produkte geschult.“ So enthält die Produktpalette von Moon nicht nur Dinge für den privaten Bedarf, sondern auch für gewerbliche Anwendung, nicht zuletzt auch, um den Handelshäusern der Porsche Holding selbst effiziente Lademöglichkeiten in größerem Stil zur Verfügung zu stellen. Schließlich benötigen künftig auch jede Autowerkstätte und jede Handelsniederlassung entsprechend dimensionierte Lademöglichkeiten.
Es sind also Wallboxen zum langsamen und beschleunigten Laden von Wechselstrom bis 22 Kilowatt im Programm. Interessant auch eine Gleichstrom-Wallbox mit 24 Kilowatt. Während Mutter Volkswagen AG am Highpower-Schnellladenetz von Ionity mit 350-kW Ladestationen beteiligt ist, bietet Moon für den gewerblichen Bereich auch Schnellladelösungen in Modulsystem an. Mit 75-Kilowatt-Modulen lassen sich ganz nach Bedarf des Betreibers und seiner Kundschaft Ladestationen bis 300 kW realisieren. Alle angebotenen Ladestationen stammen von europäischen Unternehmen, auch aus Österreich, wie etwa das Universal-Ladekabel von DiniTech in der Oststeiermark, das an alle Steckdosen des Landes direkt angeschlossen werden kann, auch an Campingplätzen und Starkstrom mit 11 oder 22 kW. Robert Steinböck: „Das ist eine gute Lösung für Dienstwagen, denn über dieses Kabel und die Handy-App können wir auch den Strom abrechnen, den jemand zu Hause oder wo anders lädt.“
Langsam speichern, schnell laden
Interessant auch die Ladestation, die Moon vom oberösterreichischen E-Mobilitäts-Pionier Kreisel Electric bezieht. Das ist ein 104-Kilowattstunden-Speicher, der langsam mit Netzstrom geladen wird. Der gespeicherte Gleichstrom kann dann sehr rasch in die Fahrzeugbatterien „hinübergeschoben“ werden – nicht unbedingt eine Lösung für einen Privathaushalt, für eine Autowerkstätte aber sehr gut vorstellbar, weil mit geringer Netz-Anschlussleistung kurzfristig eine sehr hohe Ladeleistung erzielt werden kann. Einmal täglich kann man da einem Audi eTron schon ordentlich auf die Beine helfen.
Das umfassende Angebot an unterschiedlichen Ladelösungen stellt ein weiteres Sprungbrett in eine noch ein bisschen fantastisch anmutende Welt der Elektromobilität dar. Mit entsprechenden Batterien im Haus, auf lange Sicht hergestellt aus aufbereiteten Fahrzeugbatterien, lässt sich der am eigenen Dach anfallende Solarstrom für die Nutzung im Auto speichern.
Robert Steinböck rechnet die Investition auch gleich durch: „Sie hätten zum Beispiel gerne eine 10-Kilowatt-Photovoltaikanlage am Dach. Da passt ein 10-kWh-Speicher perfekt dazu. So ein System kostet etwa 25.000 Euro inklusive Steuern und Montage. Dazu gibt es auch eine gute Fördersituation in Österreich. Das heißt, wenn Sie 20.000 Euro in eine Solaranlage stecken, haben Sie mindestens eine Rendite von fünf Prozent. Wirtschaftlich rentiert sich so eine Anlage mit Förderung in zehn, zwölf Jahren, sie hält aber 30 Jahre.
Autos als Pufferspeicher fürs Netz
Zugegebenermaßen basiert diese Rechnung auf vielen Annahmen, unter anderem darauf, dass man das Kapital dafür auch übrig hat. Was die Energieversorger selbst mit größtem Interesse verfolgen, ist aber der Zugriff auf die Autobatterien, die gerade am Netz hängen. Könnten sie nämlich zu Spitzenzeiten Strom aus den Autobatterien ziehen (das wären nur ein paar Kilowattstunden vorübergehend und würde laut deren Aussage weder die Lebensdauer noch die Funktionsweise der Batterien nennenswert beeinflussen), wäre der energetische Balanceakt des Stromnetzes wesentlich einfacher und damit wirtschaftlicher, aber das ist im Moment noch Zukunftsmusik.
Beratung auf dieser Ebene übersteigt allerdings die Möglichkeiten eines Autohauses. Steinböck: „Der Käufer kann natürlich wählen, ob die Installation einer Ladestation von uns durchgeführt wird oder von seinem Elektriker.“ Für den Fall einer ganzen Photovoltaik-Anlage gibt es aber eigene Moon-Berater. Steinböck: „Dann schickt uns der Verkäufer einen Lead (Anm: Kontaktdaten zur Verkaufsanbahnung) und innerhalb von 24 Stunden vereinbaren wir eine Beratungstermin mit einem der beiden österreichischen Solartechnik-Unternehmen, die über einen Ausschreibungsprozess ausgewählt wurden.. Moon verwendet österreichische Produkte, Fronius-Wechselrichter aus Oberösterreich, Kioto-Solarmodule aus Kärnten, Wallboxen aus Bayern und die Ladesäulen aus Südtirol.“
Rudolf Skarics