Von der Ölquelle bis zum Tank

Dass die Energie- und Klimabilanz beim Elektroauto ganz wesentlich davon abhängt, auf welchem Weg der Strom für dessen Herstellung und Betrieb produziert wird, ist mittlerweile bekannt und wird auch gerne und ausführlich diskutiert. Wie viel Energie die Herstellung und der Transport von fossilen Fahrzeugkraftstoffen an Energie verschlingt und an Treibhausgasen verursacht, wird hingegen kaum besprochen. Jene, die es wirklich wissen, schieben das Thema gerne beiseite mit der Bemerkung, es handle sich um einen niedrigen einstelligen Prozentsatz vom Energieinhalt des produzierten Kraftstoffs. Das kann sogar stimmen, stimmt meistens aber nicht. Die Qualitäten und Wege von Erdöl und Erdgas sind nämlich über den Globus verteilt sehr unterschiedlich und demensprechend wird mehr oder weniger Energie für Herstellung und Transport benötigt und analog dazu verhält sich das Treibhauspotenzial.

Noch einmal mindestens 15 Prozent mehr Schaden

Von der Ölquelle bis zum Tank
Förderung, Aufbereitung, Transport und Raffinieren von Erdöl verursachen zustätzlich etwa 15 Prozent Treibhausgas. Foto: laggers.at

Die EU-Kommission hat einen Well-to-Tank-Report erstellen lassen, der das Treibhausgaspotenzial der in Europa eigesetzten Energieformen zum Fahrzeugbetrieb aufzeigt, von rein fossiler Energie bis zum elektrischen Strom. Dabei ist zu erkennen, dass der Energieverlust schon bei der Förderung von Erdöl und Erdgas bereits erheblich ist. 6,5 Prozent des gewonnenen Erdöls gehen hier schon verloren, etwa die Hälfte davon als Prozessenergie fürs Einfangen oder Rauspumpen und Aufbereiten für den Transport, die andere Hälfte ist Erdgas, das bei der Rohölgewinnnung abgefackelt wird oder verdunstet. Wenn das Rohöl dann zu den Raffinerien in den Zielmärkten gebracht wird, per Schiff oder Pipeline, geht wieder etwa ein Prozent verloren. Europäische Raffinerien benötigen dann noch einmal etwa 6 bis 7 Prozent an Energie, um aus angeliefertem Rohöl Kraftstoffe zu machen. Und noch einmal rund zwei Prozent gehen für die Verteilung des fertigen Kraftstoffs zwischen Raffinerie und Tankstelle verloren. Das heißt, dem Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs sind vorsichtig geschätzt mindestens 15 Prozent draufzuschlagen, um auch die Kraftstoffbereitstellung in die Bilanz einfließen zu lassen.

Von der Ölquelle bis zum Tank
Abgefackelt: Erdgas verbrennt ohne für die Mobilität genutzt zu werden. Foto: laggers.at

Strom als Energieträger: Keine Garantie aber enorme Chancen für das Klima

Die Energiebilanz beim Elektroauto stellt sich völlig anders aber mindestens so kompliziert dar. Um der Elektromobilität eine gute Startposition zu geben, wird elektrischer Strom im Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeugantrieb mit null CO2-Ausstoß bewertet, also null Potenzial zur Klimaschädigung. Herstellung, Speicherung und Transport des elektrischen Stroms kann nun in Wirklichkeit sehr wenig CO2-Ausstoß zur Folge haben aber auch extrem viel. Ein erheblicher Nachteil des Elektroautos ist der deutlich größere Energieeinsatz bei der Herstellung des Fahrzeugs durch die aufwendigen Batterien. Ein erheblicher Vorteil ist der deutlich geringere Energiebedarf im Betrieb. Durch den hohen Wirkungsgrad des Elektroantriebs benötigt ein Elektroauto nur rund ein Viertel bis ein Drittel der Energie fürs Fahren gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. So ist die Bereitstellung des elektrischen Stroms eine Schlüsselgröße in der CO2-Bilanz eines Elektrofahrzeugs, das betrifft gleichermaßen die Fahrzeugproduktion als auch den Fahrbetrieb.

Von der Ölquelle bis zum Tank
Nimmt man den Energieinhalt des Kraftstoffs mit 100 Prozent an, kommen noch einmal mehr als fünfzehn Prozentpunkte an Verlusten hinzu. Je rund sieben Prozentpunkte für Förderung und Raffinerie. Der Energieverbrauch bei der Förderung teilt sich etwa zur Hälfte in Prozessenergie und zur Hälfte in Verluste durch Abfackeln des dabei anfallenden Erdgases. Der Transport des Rohöls und der Fertigprodukte machen miteinander rund drei Prozentpunkte aus.

Die Spanne ist dabei enorm: Stammt der Strom überwiegend aus Kohlekraftwerken, schneidet ein Elektroauto trotz seines guten Wirkungsgrads schlechter ab als ein Verbrenner. Das heißt, an einem möglichst hohen Anteil an Energie aus erneuerbaren Quellen führt kein Weg vorbei, wenn das Elektroauto tatschlich klimafreundlich sein soll. Ist die Energie an der Quelle schon unschädlich, spielen auch nachfolgende Wirkungsgrade und Verluste nicht so eine dominante Rolle.

Rudolf Skarics

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