Es gibt in Österreich und ganz Europa zahlreiche Initiativen, die sich mit Wasserstoff beschäftigen. Hervorgehoben sei der Name Fronius, Häuslbauern der Wirtschaftswunderzeit noch als Hersteller von Elektroschweißgeräten für den Hausgebrauch wohlbekannt. Das Herzstück des Schweißgeräts ist nämlich auch ein Schlüsselelement für den Umgang mit Energie: Der Wechselrichter. Er macht aus Wechselstrom Gleichstrom oder umgekehrt. Deshalb hat es Tradition in diesem oberösterreichischen Familienunternehmen in dritter Generation, sich mit dem Themenkreis Energie und Strom, Umwandlung, Effizienz und Speicherung auseinanderzusetzen.
Am Anfang war das Schweißgerät
Thomas Rührlinger ist für den Geschäftsbereich Wasserstoff bei Fronius International in Wels verantwortlich und erklärt auch die enge Verknüpfung des Themas Wasserstoff mit der Solarenergie. Während große Unternehmen im Automobilbereich den Themenbereich Solarenergie, Speicherung und Mobilität gerade erst für sich entdecken (um die Stückzahl ihrer Batteriesysteme in die Höhe zu schrauben), kann man in Wels schon auf viele Jahre Erfahrung damit verweisen. Rührlinger: „Wir sind seit 25 Jahren in der Entwicklung und Produktion von Wechselrichtern tätig. Täglich werden weltweit in 1300 Gebäuden Wechselrichter von Fronius installiert. Sie wandeln den Gleichstrom der Solarmodule in Wechselstrom fürs Netz um. Dazu passende Batteriespeichersysteme gibt es bei uns seit sechs Jahren. Diese Kompetenzen sind sehr wertvoll für Energiemanagementsysteme.“ Es genügt also üblicherweise nicht, eine Lithium-Batterie zu kaufen, wenn man Strom speichern möchte, denn das Geheimnis liegt in der subtilen Steuerung des ganzen Energiesystems.
Wasserstoff als Energiepuffer
Aber was hat das mit Wasserstoff zu tun? Wasserstoff ist neben dem batterieelektrischen Speicher eine Möglichkeit, auch größere Mengen ursprünglich elektrischer Energie über längere Zeit zu speichern. Thomas Rührlinger: Zuerst ist es sinnvoll, Strom direkt zu nutzen oder in Batterien vorübergehend zu speichern, aber wenn dann noch immer Strom übrig ist, kommt Wasserstoff ins Spiel, zu erzeugen mit Elektrolyse. Bei Wasserstoff geht es darum, überschüssige Energie zu speichern.“ Fronius hat also beide Speichertechnologien im Haus, Wasserstoff seit 2002. Im Rahmen von Forschungsprojekten arbeiten man schon lange beispielsweise mit BMW und dem Gasspezialisten Linde zusammen. Materiallogistik ist ein gutes Erprobungsfeld. Fahrzeuge in Logistikzentren, etwa Stapler, die ursprünglich mit Bleibatterien fuhren, bewegen sich jetzt mittels Wasserstoff-Brennstoffzelle.
Leise und frei von schädlichen Abgasen
Der Vorteil hier wie beim Automobil: Die extrem kurzen Betankungszeiten bei gleichzeitig leisem Betrieb und völliger Freiheit von schädlichen Abgasen. Thomas Rührlinger: „Dort, wo man wirklich dreischichtigen Betrieb hat, ist Wasserstoff auch für kleine Fahrzeuge sinnvoll. Er kann sich in logistischen Anwendungen über die kurze Betankungszeit rechnen, aber auch über Arbeitszeit für einen Batteriewechsel oder über die Lagefläche für die Batterien.“
700 bar nur im Personenwagen wegen der Reichweite
Die solare Wasserstoff-Betankungsanlage von Fronius ist auf einen Druck von 350 bar ausgelegt. Das hängt damit zusammen, dass im industriellen Bereich dieser Druck schon seit längerem üblich und ausreichend ist. Das heißt, wenn wir hier den Hyundai Nexo tanken würden, bekämen wir seine Tanks nur halbvoll. Fahrzeugtanks mit 700 bar wurden erst in jüngerer Zeit entwickelt und haben sich als Standard für den Verkehrsbereich durchgesetzt, um die gewohnten Reichweiten von mehr als 400 Kilometern zu gewährleisten.
Wasserstoff für Gewerbe und Kommunen
Die Strategie ist klar, die Übertragbarkeit der Erkenntnisse im Grunde auch: Während es sehr bald attraktiv sein kann, den Strom für sein Elektroauto auf dem eigenen Haus oder Garagendach zu erzeugen und teilweise in Batteriespeichern zwischenzulagern, funktioniert das mit Wasserstoff im kleinen Rahmen nicht. Thomas Rührlinger: „Wasserstoff ist aus wirtschaftlicher Sicht auf privater Ebene derzeit kein Thema. Die Zielgruppen, für die wir Anlagen ab der zweiten Hälfte dieses Jahres liefern werden, sind der gewerbliche Bereich und kommunale Betriebe, spannend auch der landwirtschaftliche Sektor. Aber es ist kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-Auch, es kommt auf die Dimensionen und Rahmenbedingungen an.“