Immer wieder sorgen spektakuläre Bilder von brennenden Elektroautos für Aufruhr in der Social-Media-Blase – und geben den Elektroauto-Kritikern und Elektroauto-Gegnern neue Argumente in die Hand. So sieht es zumindest aus. Gerüchtewellen aus der virtuellen Welt machen sodann auch vor der realen Politik nicht Halt. Jüngster Höhepunkt: Man lässt Elektroautos wegen ihres angeblich riskanten Brandverhaltens mancherorts nicht mehr in Tiefgaragen fahren. Streng genommen müsste das natürlich auch für Hybridfahrzeuge gelten, denn sie besitzen ebenso mehr oder weniger große Batterien mit der gleichen Lithium-Ionen-Technologie. Das wäre ein herber Rückschlag für die Elektromobilität. Ein Leben ohne Tiefgaragen und Parkhäuser ist in Ballungsräumen nicht vorstellbar. Tatsächlich verbreiten brennende Autos Angst und Schrecken, egal ob elektrisch oder benzinbetrieben. Es ist auch nicht gänzlich zu verhindern, dass Autos in Brand geraten. Aber wie gefährlich ist die Situation wirklich? Und vor allem: Geht von Elektroautos eine größere Gefahr aus als von der Verbrennertechnologie?

Die wesentlichen Unterschiede im Gefahrenpotenzial zwischen Verbrenner- und Elektroauto sind schnell auf den Punkt gebracht. Der Brand eines benzin- oder dieselbetriebenen Fahrzeugs lässt sich durch Sauerstoffentzug zum Stillstand bringen. Eine ungewollte chemische Reaktion in einer Lithium-Ionen-Batterie ist hingegen sehr schwierig, meist gar nicht zu stoppen. Man kann nur trachten, die Wärme mit viel Wasser abzuführen, um die Umgebung vor Brandauswirkungen zu schützen. An die brennende Batterie, an die chemische Reaktion in der Batterie kommt man nicht ran und kann die Reaktion deshalb auch nicht stoppen.
Strukturschäden: die Branddauer zählt
Grundsätzlich stellt der Brand eines Fahrzeugs eine erheblich Belastung und Gefährdung für die unmittelbare Umgebung dar. Brennt ein Fahrzeug vollkommen aus, dann kommt es in beiden Fällen, ob Verbrenner oder Elektro, zur Freisetzung einer erheblichen Menge an Schadstoffen. Heutzutage ist das viel schlimmer als früher. Die Vielfalt an Kunststoffen, Metallen und anderen Materialien ist erheblich gestiegen und damit auch das Fahrzeuggewicht und der Gesamtenergieinhalt des Fahrzeugs. Auch Der Unterschied zwischen einem Verbrenner- und einem Elektroauto lässt sich prägnant zusammenfassen: Während der Vollbrand eines Benzin- oder Dieselautos in einem geschlossenen Raum vor allem die Entlüftungsanlage extrem belastet, kommt es bei einem Elektroauto auch zu großen Mengen an mit giftigen Substanzen und Schwermetallen kontaminiertem Löschwasser, das entsorgt werden muss und auch wird. So muss die Entlüftungsanlage nach einem Fahrzeugbrand in einer Garage auf jeden Fall generalüberholt werden. Strukturelle Schäden am Gebäude hingegen hängen von der Dauer des Vollbrandes ab, nicht aber von der Art des Fahrzeugs. Dazu gibt es detaillierte wissenschaftliche Untersuchungen im Auftrag der Schweizerischen Bundesamts für Straßen: „Risikominimierung von Elektrofahrzeugbränden in unterirdischen Verkehrsinfrastrukturen“. Die Schweiz hat ja nicht nur bereits einen hohen Anteil an Elektrofahrzeugen und vielen Garagen, sondern auch an alpenquerenden Tunnels.
Aus der Studie ergeben sich auch Lösungsansätze für künftige Entwicklungen. So sieht man in geschlossenen Räumen Hochdruck-Wassernebelanlagen als untersuchenswerten Ansatz, um den typischen Risiken aus vermehrter Verwendung alternativer Antriebe entgegenzuwirken. Man spricht auch die Wasserstoff-Brennstoffzelle an, wo vor allem in Bezug auf Nutzfahrzeuge noch viele Punkte nicht geklärt sind.
Elektroautos sind sicher, die Statisik ist noch unscharf
Es gibt also schon zahlreiche Erkenntnisse zu Brandursachen und Brandverhalten. Statistiken zu den tatsächlichen Vorfällen sind aber noch kaum belastbar, etwa die Frage, wie hoch das Risiko ist, dass ein Elektroauto überhaupt in Brand gerät. In Wien wird die Feuerwehr jedes Jahr zu deutlich mehr als hundert brennenden Autos gerufen, derzeit sind ein bis zwei davon Elektroautos. Aus diesen Fallzahlen kann man noch nichts Sinnvolles ableiten. Nicht einmal global lassen sich wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse gewinnen. Der weltweite Bestand an Elektroautos ist mit 12 Millionen zwar schon erheblich. Die immer noch wenigen Brand-Vorfälle in allen Ecken der Welt lassen sich kaum sinnstiftend zusammenführen. So dürfen nicht nur die brennenden Autos gezählt werden, es müssten auch verlässliche Angaben zur Brandursache vorhanden sein.

Eine Tendenz lässt sich aus dem Statistik-Tohuwabohu aber trotzdem ablesen: Es geraten im Verhältnis definitiv weniger Elektroautos als Benziner und Diesel in Brand. Bisher hat noch kein Elektroauto bei einem Crashtest strukturell Schaden genommen, so dass die Batterie in Gefahr oder gar in Brand geraten wäre. Elektroautos schneiden beim EuroNCAP-Test sogar besonders gut ab. Was sehr oft als Killerargument gegen das Elektroauto herangezogen wird, nämlich zahlenmäßig beeindruckend hohe Rückrufaktionen wegen möglicher Batteriedefekte, ist vor allem ein Indiz dafür, dass es die Industrie sehr ernst meint mit der Brandvorbeugung. Und dass man jetzt, in der Phase wo es noch viel zu lernen gibt, schon auf der sicheren Seite sein will. Tatsächlich ist es so, dass kleinste Ungenauigkeiten in der Serienfertigung der Akkus zur Ursache für eine Selbstentzündung einer Batterie werden können.
Die kleinen Akkus sind am gefährlichsten
Ralf Mittermayr, CEO von Saubermacher, dem Entsorgungsunternehmen, das auch die größte Lithium-Ionen-Batterierecycling-Anlage betreibt, ist täglich mit der Gefährlichkeit von Antriebsbatterien konfrontiert rückt die Dimensionen der Gefährdung doch etwas zurecht: „Batterien sind gefährlich, wenn sie unsachgemäß behandelt werden. Also bei Beschädigung, oder wenn sie nicht korrekt entsorgt werden. Dies ist jedoch eher ein Problem der Lithium-Batterien im Haushalt, etwa Staubsaugerroboter oder Laptop-Akkus. Ich würde problemlos mit einem E-Auto in die Garage einfahren. Eine Fahrradbatterie, die mir beim Laden von Tisch gefallen ist, würde ich aus Vorsichtsgründen im Fachhandel überprüfen lassen oder zum Altstoffsammelzentrum bringen, sie also auf keinen Fall unbeaufsichtigt in der Garage lassen.“
So ist das E-Bike wahrscheinlich das gefährlichere Gerät in der Garage, vor allem dann, wenn es in der Folge das Auto in Brand setzt, ziemlich egal, auch wenn es nur ein Benziner ist. Apropos Benziner: Hätte sich vom Jahr 1900 weg der Lohner-Porsche und damit das Elektroauto durchgesetzt, was würden wir wohl heute über Autos sagen, die an die hundert Liter hochbrennbare Flüssigkeit durch die Gegend kutschieren?
Die Tiefgaragen und ihre Einfahrtsverbote
Vor Bränden in Tiefgaragen und Parkhäusern hatten die Menschen immer schon gehörigen Respekt. So prangt heut nach wie vor auf vielen Garageneinfahrten das Schild Einfahrt mit gasbetriebenen Fahrzeugen verboten. Das lässt sich auch gut begründen, bezieht sich aber eigentlich auf Flüssiggas. Flüssiggas hat tatsächlich ein enormes Gefährdungspotenzial, und zwar deshalb: Es ist schwerer als Luft. Es ist so etwas wie unsichtbares Benzin. Es vermischt sich nicht mit der Umgebungsluft und entweicht damit nicht durch die Entlüftung nach oben, sondern bildet unsichtbare Seen auf dem Garagenboden. Kommt ein Funke dazu, löst das eine Katastrophe aus. Anders bei Erdgas: Es ist leichter als Luft, verdünnt sich schnell in der Umgebung und entweicht verlässlich nach oben. Ähnliches gilt auch für Wasserstoff, der noch viel leichter ist. Das heißt, es gib ein Grundmissverständnis, das schon in der schlampigen Interpretation des Begriffs Gasfahrzeug liegt.

Es geht also von einem Erdgasfahrzeug keine höhere Brandgefährdung aus als von einem Benziner oder Diesel. Diesel enthält übrigens mehr Energie als Benzin, ist aber wesentlich schwerer in Brand zu setzen und insofern der sicherste unter den fossilen Kraftstoffen. Die Ursache für unsinnige Einfahrtverbote liegt also in mangelnder technischer Differenzierung. Einmal falsch beschildert, einmal vertraglich falsch festgelegt, kann das einen Rattenschwanz an juristischen Streitfällen nach sich ziehen. Die Einschätzung der Gefährlichkeit einer Technologie kann beim Bürgermeister liegen, aber auch schlicht beim Garagenbesitzer. Wenn er bestimmte Autos nicht in seiner Garage duldet, dies in seiner Garagenordnung festhält und entsprechend beschildert, dann kann man dagegen nichts machen. Mit allen juristische Konsequenzen, wenn der Verstoß dagegen sich mit einem Unglücksfall überlagert.
Die Wiener Feuerwehr in der Tiefgarage.
Grundsätzlich brennt ein Elektroauto nicht heißer als ein herkömmliches. Das viele Plastik verursacht die meiste Hitze und meisten Schadstoffe. Es entsteht aufgrund der Hitzebelastung bei einem Elektroauto folglich kein größerer Schaden am Gebäude. Das wichtigste in beiden Fällen ist, dass die Feuerwehr möglichst schnell am Einsatzort aktiv wird. Das herkömmliche Auto kann dann gelöscht werden, das Elektroauto muss mit viel Wasser gekühlt werden. Das ist nicht ganz einfach, vor allem, weil es mehrere Tage dauern kann. Deshalb versucht man, das Auto aus der Garage zu bergen, immer wieder mit Kühlvorgängen dazwischen. Um das Fahrzeug letztendlich in einem wassergefüllten Kühlcontainer ausgeistern zu lassen. Die Wiener Berufsfeuerwehr ist für Elektroautobrand in der Garage gut instruiert und vorbereitet, hatte aber bisher noch keinen praktischen Anwendungsfall.
Die Feuerwehr gibt aber Empfehlungen: So lange es noch nicht viele Elektroautos gibt, sollten sie im Nahbereich der Ausfahrt geparkt werden, weil es eben sehr mühsam wäre, ein brennheißes Elektroauto aus dem vierten Untergeschoß zu bergen, zumal es zwischendurch immer wieder gekühlt werden muss. Da beim Schnellladen mit sehr hohen Ladeleistungen am ehesten ein Defekt an der Batterie auftreten kann, rät man, Gleichstrom-Schnellladestationen nur im Freien aufzustellen.
Rudolf Skarics