Der VW ID4 GTX basiert wie alle neuen Elektroautos von VW auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten des Konzerns. Der ID4 ist als einziges Modell bisher mit Allradantrieb zu haben. Nämlich in der hier getesteten GTX-Version. Die Rolle des Allradantriebs hat sich ja gewandelt. War er früher hauptsächlich als Traktionshilfe für steiles Gelände und rutschigen Untergrund gedacht, geht es heute eher um eine sichere Umsetzung sehr hoher Drehmomente. Das Konzept des MEB basiert ja auf Hinterradantrieb. Dort arbeitet auch ein hocheffizienter permanent erregter Synchronmotor, während vorne ein kompakter Asynchronmotor ohne rohstoffintensive Magnete Dienst tut. Seine Spezialität ist, dass er zwar einen schlechteren Wirkungsgrad hat aber weniger Widerstand bietet, wenn er leer mitläuft, was sowieso meistens der Fall ist. Das Zusammenwirken der beiden Motoren wird elektronisch gesteuert. Sie sind auch mit Bremsen- und Fahrwerksregelung vernetzt.

Platz*****
Die Anordnung der Batterien am Wagenboden bietet von vornherein eine sehr gute Voraussetzung für effiziente Raumnutzung. Weil der Antrieb über je einen eigenen Motor pro Achse erfolgt, entfällt eine Kardanwelle zwischen Vorder- und Hinterrädern, wie sie bei Verbrenner-Antrieb notwendig wäre. Somit bietet auch die Allradversion ein uneingeschränktes Platzangebot. Es wird gerne gesagt, der ID4 wäre die SUV-Variante des ID3, aber eigentlich handelt es sich eher um einen Van. Da verschwimmen die Grenzen, und es entsteht nicht nur viel Platz zum Sitzen und Transportieren, sondern auch zum Diskutieren. Was fehlt, ist ein kleiner Kofferraum vorne zum Verstauen der Kabel. Mit über 500/1500 Liter Kofferraum liegt er im Fassungsvermögen ohnehin an der Obergrenze für Personenwagen. Durch die Fahrzeughöhe ergibt sich auch hinten eine entspannte Sitzposition für Erwachsene.

Fahren****
Gute Fahreigenschaften gehören gewissermaßen zur Markenidentität von Volkswagen. McPherson vorne und Fünflenkerachse hinten lauten die mechanischen Voraussetzungen. Eine gute elektronische Steuerung der beiden Motoren gibt mit einer klugen Vernetzung mit dem Bremssystem trotz der enormen Spitzenleistung von 220 kW (in alter Währung 299 PS) eine sehr harmonische Umsetzung des Kraftflusses. Bestellt man das Sport-Paket Plus (€ 1.253,-) mit den adaptiven Stoßdämpfern, wird auch noch die Federungscharakteristik in die Fahrprofilauswahl mit einbezogen. So stehen fünf Modi zur Wahl: Eco, Comfort, Sport, Individual und Traction. Im Sportmodus kann man für mehr Fahrspaß durch Drücken des ESC-Buttons die Funktionsweise der Stabilitätskontrolle auf ein Minimum zurückfahren. Die Spanne zwischen komfortablem Dahinrollen und engagiertem Dahinpfeffern ist enorm weit.

Qualität***
Neben anfänglichen Schwierigkeiten mit ausfallenden Displays und anderen Kinderkrankheiten bei Einführung einer völlig neuen Technologie, war auch der oberflächliche Qualitätseindruck der ersten Elektroautos von VW auf MEB-Basis nicht besonders gut. Klar: Bei den enormen Investitionskosten für die völlig neue Technologie bei herausfordernden Batteriepreisen bleibt nicht allzu viel Platz für luxuriöse Materialien und Detailverliebtheit in der Verarbeitung. Dies gilt besonders unterhalb der Premium-Preisklasse. Dieses Manko scheint weitgehend überwunden. Der ID4 GTX wirkt gut gefügt, die verwendeten Materialien sind in Ordnung. Verdacht auf überflüssigen Luxus kommt aber nirgends auf. Eine gewisse Nüchternheit war ja immer auch schon ein Teil der Markenidentität. In diesem Sinn ist alles ganz in Ordnung. Neben der üblichen Zweijahres-Garantie bei VW gibt es für die Batterie 8 Jahre/160.000 km Garantie und gegen einen Aufpreis ein Extrapaket (5 Jahr/150.000 km) um 1.399 Euro.

Innovation****
Eine eigene Elektroplattform ist in diesem Menüpunkt schon die halbe Miete. Sie bringt zwar für die Kundschaft keinen prinzipiell bedingten Vorteil, außer dass der zur Verfügung stehende Raum ökonomische genutzt werden kann. Ist auch schon was (Hersteller machen das vor allem, weil sie die Autos wesentlich preisgünstiger produzieren können.) Die gesamte Elektronik wurde im Rahmen des modularen E-Antriebs-Baukastens komplette neu aufgesetzt. Damit scheint das System zukunftssicher, indem es über Updates aufrüstbar ist, sowohl in der Werkstätte als auch Over the Air. Das optionale Head-up-Display in Augmented-Reality-Ausführung projiziert sein Weltbild dreidimensional auf die Fahrbahn.

Alltag****
Seitens der Bedienung gibt es eine klare Aufteilung: Physische Schalter gibt’s nur am und rund ums Lenkrad, inklusive Gangwahl. Ein kleines Display vor der Nase wird über das Lenkrad angesteuert, ein großer Touchscreen sitzt in der Mitte. Die serienmäßige Sprachsteuerung ist eine gute Rückfallebene, falls der Touchscreen einmal ausfallen sollte – oder umgekehrt. Dass für vorne und hinten die gleichen Fensterheber-Knöpfe zuständig sind mit einem Umschaltknopf ist subjektiv ungewohnt und objektiv einfach unpraktisch. Ob fragwürdiger Einsparungsdrang oder Kreativitätsschub, hier ist man einfach zu weit gegangen (gilt für alle IDs). Das gute Raumangebot, die guten Sitze und Sitzpositionen stellen natürlich in allen Lebenslagen einen Vorteil dar. Dazu kommt noch, dass mit dem ID4 GTX richtige Anhänger gezogen werden können, immerhin bis zu 1400 kg.

Elektrotechnik***
Es gibt den ID4 derzeit in vier Leitungsstufen und zwei Batteriegrößen. Der GTX ist mit 220 kW Leistung und 77 kW Energieinhalt das Topmodell. Die Ladeleistung beträgt daheim an der dreiphasigen Wallbox 11 kW, an einer entsprechenden öffentlichen Ladesäule kann mit bis zu 125 kW Leistung geladen werden. Das ergibt auf der Langstrecke einen überschaubaren Ladestopp von nicht viel mehr als einer halben Stunde. Die Steuerung der Rekuperation über das Navigationssystem hält den Stromverbrauch im Zaum, genauso wie die serienmäßige Wärmepumpe.
Preise/Daten
ID 4 GTX 220 kW/77 kWh € 54.140,-1)
Preis des Testwagens mit allen Extras € 65.765,-
Darin enthaltenes Extras: Anhängevorrichtung € 958,-, Assistenz-Paket Plus € 2.344,-, Design-Paket Plus € 1.524,-, Interior Top Sport Paket Plus € 3.497,-, Räder 21 Zoll € 532,-. Sport-Paket Plus € 1.253,-, Textilfußmappen € 120,-. Garantie 5 Jahre 150.000 km € 1.399,-.
Antrieb: Allradantrieb
Motorleistung: 220 kW (299 PS)
Drehmoment: 162 + 310 Nm
Batterie: 77 kWh (netto)
Laden: Wechselstrom max. 11 kW, Gleichstrom 125 kW
Sitzplätze 5
Dimensionen: 4584/1852/1640 mm
Kofferraum 543-1575 l
Gewichte: Leer/Zuladung/Anhängelast 2274/476/750-1200 kg.
Beschleunigung 0-100 km/h 6,2 sec
Spitze 180 km/h
Verbrauch 18,4-19,1 kWh/100 km
Reichweite: 461-478 km
Garantie: 2 Jahre Neuagen, 3 Jahre Lack, 12 Jahre Durchrosten, Batterie 8 Jahre/160.000 km/70 % Kapazität.
1) Preise zum Zeitpunkt des Tests
Die Daten aller anderen ID4-Varianten finden Sie im Elektroautokatalog
Crashtest-Ergebnisse
Infomaterial