E-Fuels werden gerne als bessere Alternative zum elektrischen Antrieb angeführt, was in den allermeisten Fällen nicht stimmt. Die Verwendung von E-Fuels ist mit einem sehr geringen Wirkungsgrad verbunden. Auch wenn man in synthetisch hergestellten Kraftstoffen Sonnen-, Wind- und Wasserkraft gut speichern kann, schon auf dem Weg in den Tank geht sehr viel der gerade erst gewonnenen Energie verloren. Das Auto ist hier ein recht gutes Beispiel: Um mit E-Fuels ein Auto zu betreiben, benötigt man mindestens drei Mal so viele Windräder oder Solarpanele oder Wasserkraftwerke als wenn man rein batterieelektrisch fährt.
Das Thema E-Fuels und der unehrliche Umgang damit und zum Teil wissentliche Halbinformation spalten auch schnell die Gesellschaft. So kann ein Ergebnis sein, dass Menschen, die gegen den Bau von alternativen Energiegewinnungsanlagen auftreten, gleichzeitig die Lösung der Klimakrise in synthetischen Kraftstoffen sehen.
Die Interessenslage ist von vornherein sehr komplex. Einerseits gibt es das drängende Bedürfnis, die volatilen Energiemengen, die im Stromnetz sozusagen die Welt umkreisen, einfach in Tankschiffe, Tankwagen und Kanister zu füllen, damit sie portioniert jederzeit abrufbar sind. Das sind wir nämlich vom Erdöl und auch seinen gasförmigen Abkömmlingen (Erdgas, Flüssiggas) und sogar von der Kohle seit über einem Jahrhundert gewöhnt. Andererseits geht beim Paketieren dieser Energie, wie schon gesagt, ein Vielfaches davon gleich wieder verloren. Das bedeutet, E-Fuels sind per se kein Ausweg aus der Klimakrise, aber sie können, richtig eingesetzt, einen Beitrag zur Bremsung der Klimaerhitzung leisten.
E-Fuels als lukratives Geschäftsmodell
E-Fuels stellen ein durchaus aussichtsreiches Geschäftsmodell auf dem Energiesektor dar, das sehr viele Hoffnungen bei Investoren weckt. Das Interesse der Industrie ist üblicherweise, möglichst schnell große Mengen zu erreichten, um selbst bei aufwendigen technologischen Prozessen rasch in Zonen von Wirtschaftlichkeit und Gewinn zu kommen. Das Automobil würde durch den Bedarf an riesigen Mengen als Business-Turbo wirken. Es hätte auch die passende Infrastruktur zur Verteilung bereits parat. Die chemische Zusammensetzung von E-Fuels kann so gestaltet werden, dass man sie direkt statt Benzin und Diesel in den Tank füllen oder sogar mit Benzin und Diesel mischen kann. Allerdings, wenn man das Ziel vor Augen hat, möglichst klug mit Energie umzugehen, ist das kein guter Weg. Eben wegen des unvergleichlich hohen Bedarfs an elektrischem Strom durch den schlechten Systemwirkungsgrad. Siehe auch die Studie des österreichischen Umweltbundesamts „Die Ökobilanz von Personenkraftwagen 2021“.
Autofahrerclubs als Meinungsmacher
Trotz dieses Wissens setzen sich viele Organisationen vehement für E-Fuels ein. Allen voran die Autofahrerclubs. Dabei genießen sie hohes Vertrauen bei der autofahrenden Bevölkerung. Das Elektroauto gerät so automatisch als seröser Lösungsansatz in Misskredit. Unter den gerne verwendeten Schlagworten „Übergangstechnologie“ und „Technologieoffenheit” will man offenbar die alten Umstände für die nächsten Jahrzehnte zementieren. Man könnte die Verbrennungsmotoren beibehalten und lediglich durch neue Kraftstoffe die Klimaschädlichkeit des Autoverkehrs verringern, so denkt man. Autofahrerclubs fühlen sich offenbar auch als Vertreter konservativer Autoansichten, sozusagen „Altes Autofahrertestament“. Dabei könnte es egal sein, ob sie die Pannen von Verbrenner- oder Elektroautos beheben. Denn auch die neue Technologie wird nie ganz frei sein von Defekten.
E-Fuels besser für Flugzeuge und Schiffe
Während das Auto, jedenfalls der Pkw, sinnvollerweise und unaufhaltsam auf Elektroantrieb zustrebt, gibt es durchaus Bereiche, in denen eine Elektrifizierung sehr schwierig und ein Betrieb mit Wasserstoff fast unmöglich erscheint. Dort könnten E-Fuels künftig durchaus breite Anwendung finden. Zum Beispiel in der Luftfahrt und in Teilbereichen der Schifffahrt.
Hier sehen auch Umweltorganisationen ein Fenster in eine bessere Zukunft. Die europäische Dachorganisation der alternative Autofahrer- bzw. Verkehrs- und Mobilitätsclubs T&E fordert durchaus einen raschen Anlauf der Produktion von E-Fuels, aber eher nicht zum Autofahren, sondern um das CO2-Problem der Luftfahrt anzugehen. Man knüpft aber daran auch eine Bedingung, nämlich mannigfaltige Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung des Flugverkehrs generell.
Einen Schritt weiter gedacht, schon ein wenig ins Spekulative: Die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen, aber auch Wasserstoff, kann für jetzt noch erdölexportierende Länder zum Nachfolgegeschäftsmodell werden, Stichwort Solarstrom in der Wüste. Der Luftfahrtsektor und in Teilbereichen auch die Schifffahrt benötigen alleine so große Mengen an Kraftstoffen, dass sich Investitionen in die Technologie alleine dafür lohnen können. Für den erdgebundenen Verkehr erscheint der Elektroantrieb aber naheliegender. Es ist ja letztlich auch deutlich billiger, den Strom direkt in die Batterien zu leiten als die Energie in mühseligen Zwischenschritten vorher in Flüssigtreibstoff zu verwandeln.
Immerhin können als Seiteneffekt auch gesellschaftliche Randgruppen wie Motorradliebhaber und Oldtimerfreaks hoffen, dass sie ein bissl was von den E-Fuels abbekommen, wenn’s klassisches Benzin und Diesel nimmer gibt. E-Fuels von vornherein als den falschen Weg abzukanzeln erscheint aus vielen Gründen ebenso unpassend wie in E-Fuels die Rettung vor der Klimakrise trotz Prolongierung klimaschädlichen Verhaltens zu sehen.
Weitere Informationen zu E-Fuels finden Sie hier.
© Rudolf Skarics