Die Interessensvertretung der österreichischen E-Wirtschaft wurde 1953 als „Verband der österreichischen Elektrizitätswerke“ gegründet Seit 2010 heißt er „Österreichs Energie“. Hier sind alle Unternehmen organisatorisch versammelt, die sich in Österreich mit dem Erzeugen und Verteilen von elektrischem Strom beschäftigen. Imd zwar vom überregionalen „Verbund“ über die Landesgesellschaften bis zu Kleinkraftwerksunternehmen mit angeschlossenem Elektrogerätehandel und auch alle Netzbetreiber – unsere Stromversorger also. Auch die Voest-Alpine ist dabei, gleichermaßen Kraftwerksbetreiber wie Großstromverbraucher.
E-Mobilität als Businessturbo
Für sie alle bedeutet die Elektromobilität eine willkommene Geschäftsankurbelung, aber auch eine enorme Herausforderung, denn es muss investiert werden, und zwar in das richtige. Dazu ist es natürlich günstig zu wissen, wie es weitergeht mit dem Umstieg auf die Elektromobilität, wo Hürden und Fallstricke liegen, in welchen Bereichen beschleunigt werden muss, und wo auch wieder gebremst werden kann, weil man inzwischen schon wieder gescheiter geworden ist.
Strom gibt’s genug, aber nicht immer
Um die Zukunftsszenarien aus vielen Blickwinkeln auszutarieren, hat die Akademie von Österreichs Energie zu einer Fachtagung geladen. Das Ergebnis gleich vorab: Die Elektrizitätswirtschaft wird die Umstellung von Benzin und Diesel auf elektrischen Strom im Verkehr, insbesondere im Autoverkehr, stemmen können. Es sind große Mengen an zusätzlichem Strom bereitzustellen, aber nicht so viel, dass man es nicht schaffen könnte.

Industrie als größter Treiber
Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Österreichs Energie, spricht von einem zusätzlichen Strombedarf von 10 Terrawattstunden bei einem hundertprozentigen Elektroautobestand in Österreich. (Anm. d. Red.: Das ist ungefähr das Vierfache des derzeitigen Stromverbrauchs der Voest-Alpine. Stellt man die Produktionsprozesse der Voest von überwiegend fossil auf grünen Wasserstoff und Strom um, dann wird es wirklich dramatisch, die Stahlerzeuger in Linz und Donawitz benötigen nämlich insgesamt an die 50 TWh Energie pro Jahr.)
Warnung vor zu hoher Ladeleistung
Das Problem mit der Elektrifizierung im Straßenverkehr sieht man nicht so sehr in der Menge der aufzubringenden Energie, sondern vor allem in der zeitlichen Verteilung des Energiebezugs, also im Leistungsbedarf der einzelnen Anschlüsse. Reinhard Nenning von den Vorarlberger Energienetzen: „11 kW halten die Netze nicht aus, die Leistung muss auf 4 kW runter.“ Einfach gesagt: Eine vielfache Dauerbelastung an den Starkstrom-Steckdosen in Einfamilienhaussiedlungen würde dort hohe Investitionen für die Verstärkung des Stromnetzes erfordern. Nenning weiter: „So schnell wie die Autoindustrie die E-Autos ausspuckt, können wir das Netz nicht umgraben.“

Keine Einzellösungen im Wohnbau
Die allgemeine Ansicht ist, dass der Strombezug intelligent gemanagt werden muss. Das gilt offenbar für Streusiedlungen ebenso – und ganz besonders für Gemeinschaftswohnanlagen. So wünscht sich Andreas Reinhardt vom Bundesverband Elektromobilität (BEÖ) keine Einzellösungen im Wohnbau. Generell dürfte die Elektromobilität in der Neuplanung von Wohnanlagen aber bereits angekommen sein.
De-Facto-Ende für Verbrenner 2035
Auch wenn die Aussagen zum Thema Verbrenner-Verbot ganz allgemein sehr verwaschen daherkommen und jedes Land sich mit eigenen Vorstellungen hervortut (In Norwegen sollen ab 2025 nur mehr E-Autos zugelassen werden, in Slowenien und anderen EU-Staaten ab 2030), lässt sich aus dem Fahrplan der EU-Kommission für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ein De-facto-Verkaufsende von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen ab 2035 ablesen, wie Hans-Jürgen Salmhofer vom Umweltministerium erklärte.

Wohnanlage als springender Punkt
Die Rahmenbedingungen für Ladestationen in Gemeinschaftswohnanlagen bleiben auf rechtlicher Seite schwierig, wenngleich einige Fortschritte erzielt wurden. So ist laut Thomas Rabl und Sarina Illo Ortner von der Anwaltskanzlei KWR zwar beim Verlegen eines Kabels auf allgemeinen Flächen die Zustimmung der Miteigentümer notwendig. Die Situation wurde aber dahingehend entschärft, als nach einer Verständigung der Miteigentümer Schweigen als Zustimmung gilt.
Minutenabrechnung als Auslaufmodell
Genereller Tenor: Die durchgehende Umstellung auf Abrechnung in kWh scheitert daran, dass vor allem ältere Ladestationen eichtechnisch nachgerüstet werden müssten, das die Ladestellenbetreiber lieber in den Netzausbau stecken. Ähnliches gilt für Direktzahlung mit Bankomat- oder Kreditkarte: Was jeder Zigarettenautomat kann, war für Ladesäulen bisher nicht vorgesehen und müsste auch flächendeckend nachgerüstet werden, nämlich eine Ziffernpanel zum Eintippen des PIN-Codes.
Die unbequemen zum Teil schwer durchschaubaren ja geradezu kundenfeindlichen Bezahl- und Abbuchungsmethoden beim Laden werden wohl nicht so bald ein Ende finden, wenngleich es Aussichten auf Besserung gibt. Momentan ist es sogar noch so, dass an einer Smatrics-EnWB-Ladesäule mit einer Smatrics-Ladekarte in Minuten abgerechnet wird, während man als EnWB-Kunde für die Kilowattstunden bezahlt.

Die große Vision: bidirektional laden
Der asiatische Stecker-Standard Chademo kann es schon, der europäische CCS-Stecker sollte auch bald in der Lage sein: Bidirektionales Laden. Eine spannende Thematik in mehrerlei Hinsicht erläuterte Mark Pilkington, bei BMW für Projekte rund ums bidirektionale Laden zuständig. Damit könnte ein Schwarm von Automobilen zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen, was vor allem in Hinblick auf die Volatilität alternativer Energiequellen essentiell sein könnte. Durch smarte Verrechnungsmodelle können Kunden ihre Stromrechnung senken. Das wäre ein Anreiz, sein Auto der Allgemeinheit als Speicher zur Verfügung zu stellen. Außerdem könnten die Autonutzenden selbst profitieren, wenn ihr Auto als zusätzlicher Speicher in der hauseigenen Photovoltaikanlage eingesetzt werden kann. Damit kann der selbst produzierte Strom besser genutzt werden.
Gleichstromladen für zuhause
Die Frage, inwieweit ständiges Laden und Entladen die Lebensdauer der Batterie beeinträchtige, beantwortet Pilkingon damit, dass durch die geringen Ströme kaum eine Verkürzung der Haltbarkeit eintreten würde, allerdings müssten die Steuergeräte und Wechselrichter für den häufigeren Einsatz entsprechend dimensioniert werden. Gesprochen wurde auch über das Gleichstromladen mit 11 kW per CCS-Stecker für den Hausgebrauch, weil ja die Photovoltaikanlage daheim ohnehin mit Gleichstrom betrieben wird. Eine 11-kW-Gleichstrom-Wallbox sollte unter 2000 Euro kosten und damit nicht unerschwinglich teuer für den Hausgebrauch werden.
Rudolf Skarics