Tesla darf sich warm anziehen

Batterien: 432 Pouch-Zellen

Ähnlich Tesla verwendet Jaguar sehr große Batterien mit einem Energieinhalt von 90 Kilowattstunden, um hohe Leistung und akzeptable Reichweiten auf einen Nenner zu bringen. Anders als bei Tesla, wo handelsübliche Rundzellen zusammengeschaltet werden, wie sie auch in Laptops Verwendung finden, arbeitet Jaguar mit Pouch-Zellen, wie etwa auch Nissan beim Leaf. 36 Module zu je zwölf Zellen sind in einer Art Gehäusewanne flach am Wagenboden zwischen Vorder- und Hinterachse zusammengefasst. Batterie-Garantie: 8 Jahre oder 160.000 Kilometer.

Die Ladetechnik: keine Superlative

Jaguar bietet Gleichstrom-Schnellladen bis 100 kW und einphasiges Wechselstromladen bis 7 Kilowatt an. Das ist ein strategischer Mittelweg, der im Gegensatz zum Rest des Fahrzeugs nicht sehr engagiert oder gar rekordverdächtig erscheint. Tesla bietet Gleichstromladen auf seinen Superchargern bis 135 kW, das derzeitige öffentliche Ladenetz in Österreich bietet Gleichstrom-Ladeleistungen bis 50 kW. Das Laden des I-Pace auf 80 Prozent dauert folglich an der Schnellladesäule doppelt so lang wie angegeben, nämlich drei Stunden anstatt 90 Minuten. Aber auch das Laden daheim erfordert mehr Geduld als im Prospekt, da bei uns einphasiges Laden mit maximal 16 Ampere erlaubt ist, also höchstens 3,7 Kilowatt an 230 Volt. Eine Vollladung daheim dauert folglich 24 Stunden. Starkstrom (400 Volt) geht gar nicht. Das wichtigste an den Angaben im Prospekt ist also der Satz: „Die Aufladezeiten können je nach verfügbarer Ladestation-Infrastruktur variieren.“

Tesla darf sich warm anziehen
Laden daheim als langwierige Angelengenheit: Nur 20 Kilometer Reichweite in einer Stunde. Foto: Jaguar.

Reichweite, Fahrleistungen: Große Spreizung

Die große Batterie und die moderaten Leistungs-Anforderungen beim Verbrauchstest haben eine erhebliche theoretische Reichweite zur Folge, nämlich 480 km laut neuem WLTP-Fahrzyklus. Dementsprechend liegt der Verbrauch je nach Ausstattung zwischen 24,2 bis 21,2 kWh auf 100 km. Damit liegt der I-Pace auf Augenhöhe mit Tesla. Und es ist auch hier klar, dass man unter Abrufung der ebenso herausragenden Fahrleistungen (0-100 km/h in 4,8 sec, Spitze 200 km/h) deutlich weniger weit kommt.

Antrieb: Zwei Motoren, ein Gang

Das Fahrzeug ist in seiner Konstruktionsweise ein naher Verwandter des „großen“ SUVs von Jaguar, des F-Pace, also in Aluminiumbauweise hergestellt. Das Fahrgestell wurde im Wesentlichen direkt übernommen. Die Batterien sind am Fahrzeugboden zwischen den beiden Achsen angeordnet. An jeder Achse befindet sich ein Permanentmagnet-Synchron-Elektromotor mit einstufigem Getriebe und Differenzial. Durch zwei Motoren können sowohl Antrieb als auch Rekuperation viel besser als bei Einachsantrieb umgesetzt werden, zumal die Hauptlast beim Beschleunigen auf der Hinterachse liegt und beim Rekuperieren auf der Vorderachse. Die Zuteilung der Raddrehmomente auch in Abhängigkeit von der Fahrbahnbeschaffenheit ist in dieser Architektur sehr flexibel möglich.

Tesla darf sich warm anziehen
Ideale Gewichtsverteilung von 50:50 und tiefer Schwerpunkt dank Batterien am Wagenboden bringt ein Gefühl magnetischer Bodenhaftung. Foto: Jaguar

Fahrwerk: Eine Preisfrage

Erheblich Unterschiede in der Wahrnehmung können sich durch unterschiedliche Fahrwerksvarianten ergeben. So ist gegen Aufpreis eine adaptive Dämpfung erhältlich, die dynamische Karosseriebewegungen besser abfängt und die Balance zwischen Komfort, Sportlichkeit und Agilität verbessert. Als weitere Steigerungsstufe ist auch eine elektronische geregelte Luftfederung zu haben, die Karosseriebewegungen noch besser ausgleicht und den Wagen bei längerer Fahrt ab einem Tempo von 105 km/h um 10 mm absenkt.

Tesla darf sich warm anziehen
Vorder- und Hinterachse entsprechen dem Jaguar F-Pace. Aktivdämpfung und Luftferdung nur gegen Aufpreis. Foto: Jaguar.

Alltagsnutzen: Für Aktivmenschen

Stattliche Innenabmessungen mit einer Beinfreiheit hinten von 890 mm und einem Kofferraumvolumen von 656 bis 1453 Liter dank umlegbarer Rücksitzbank bringen erheblichen Nutzen jenseits rein eitler oder sportlicher Überlegungen. Im Prospekt ist zwar keine Anhängelast ausgewiesen oder Anhängekupplung zu finden, aber immerhin ein Fahrradträger fürs Heck, und auch für die Mitnahme andere Freizeitgeräte ist vorgesorgt. Die maximale Dachlast beträgt 75 kg.

Tesla darf sich warm anziehen
Innenraum: Klassisches Lenkrad, aber drei Monitore, zwei davon in Touch-Version. Foto: Jaguar

Innenleben: Bunt und sehr elektronisch

Kernstück der Armaturenlandschaft ist, schon bekannt aus dem Range Rover Velar und erstmals bei Jaguar eingesetzt, das „Touch Pro Duo Infotainment System“, bestehend aus einem 12-Zoll-Instrumentendisplay direkt im Blickfeld des Fahrers und zwei HD-Touch-Screens zu 10 und 5 Zoll an der Mittelkonsole und optional ein Head-up-Display. Der Funktionsumfang hängt überhaupt stark von den gewählten Optionen ab, etwa Fernlicht in LED oder LED-Matrix, elektrische Heckklappe, Fahrerassistenzpakete, diverse adaptive Funktionen oder auch nur dunkel gestylte Seitenscheiben.

Tesla darf sich warm anziehen
Bild: Jaguar

Luxus: Leder für Veganer

Da Umweltbewusstsein oft auch mit einem kritischen Zugang zur Tierhaltung einhergeht, ist ein so genannter veganer Innenraum erhältlich. So gibt es eine Alternative zum traditionellen Windsor-Leder, das „vegane Innenausstattung“ genannt wird und aus einem hochwertigen Stoffbezug besteht, eine Kombination aus robustem Woll-Mischgewebe und recyliertem Premium Velourleder, entwickelt zusammen mit den dänischen Experten von Kvadrat.

Tesla darf sich warm anziehen
Bild: Jaguar

Qualität garantiert

Es scheint nicht gar so schwierig zu sein, Elektroautos für Autosalons und zur Ankündigung großer Vorhaben zu bauen, das lassen unzählige ambitionierte Studien vermuten, die tatsächliche Umsetzung eines Elektroautos in die Großserie ist hingegen eine echte Herausforderung, da brauchen Sie nur Elon Musk von Tesla zu fragen und das Stichwort Model 3 fallen zu lassen (falls er Ihnen zuhört). Jaguar hat die Produktion an Steyr Magna in Graz vergeben, wo auch schon der E-Pace in Auftrag gebaut wird. Insofern dürfen wir wohl den I-Pace auch ein bisschen als österreichisches Auto sehen. Über geplante Stückzahlen schweigt man allerdings hartnäckig.

Rudolf Skarics

Nach oben scrollen