e-move: Wie kamen Sie schon vor über einem Jahrzehnt darauf, dass das Laden von Elektroautos ein eigenes Geschäftsmodell sein könnte?
Luftensteiner: Unser Unternehmen mit Stammsitz und Produktion in Linz wurde 1968 gegründet und begann unter dem Namen Krippner und Kletzmaier in den 1970er Jahren mit Steuerungen für Walzwerksanlagen. Unser größter Schwerpunkt heute ist Industrieautomation, also Steuerungen für Werkzeugmaschinen, Kunststoffmaschinen, Roboter, Hard- und Software inklusive Antrieb. In der Bankautomation sind wir mit unseren Geldautomaten europaweit gut aufgestellt und auch in China mit einem Joint Venture gut unterwegs. Außerdem bauen wir auch Lotto-Terminals, wie sie in Österreich zum Beispiel in Trafiken verwendet werden. Und schließlich haben wir vor zehn Jahren mit den Ladestationen begonnen.
Ja schon, aber warum haben Sie sich da auf ein völlig neues Terrain begeben, Sie waren ja ohnehin erfolgreich auf ihrem Gebiet?
Alle fünf Jahre setzen wir uns im Zuge unseres Visionsprozesses in einem breiten vielseitigen Team zusammen und suchen nach Trends. Dabei wurde schon vor mehr als zehn Jahren immer deutlicher eine Dominanz des Themas Energie sichtbar. Wir nahmen an, dass die elektrische Energie fester Bestandteil im Auto wird. 2009 beschlossen wir, ins Thema Elektromobilität einzusteigen – ähnlich wie ein Startup innerhalb der Firma.
War das wirklich so cool überlegt oder spielten auch persönliche Motive eine Rolle?
Obwohl ich bekennender „Benzinbruder“ und leidenschaftliche Porschefahrer bin, haben wir gesagt, wir wollen dabei sein, wir glauben, dass die Elektrifizierung ein wesentliches Segment der zukünftigen Mobilität darstellen wird, und wir können von unseren Fähigkeiten vieles zur Verfügung stellen, was für die Ladeinfrastruktur passt. Das ist auf der einen Seite die Elektronik selber, das ist unsere Kernkompetenz, und natürlich war da auch das Thema Verrechnung.
Pionierrolle schön und gut, aber kostet das nicht auch Lehrgeld?
Unser erstes Produkt in der Ladetechnik war die sogenannte „Bürgermeister-Säule“. Das war so ein großes Ding, weil wir dachten, in jedem Ort würde es solche Säulen geben, aber da haben wir sehr schnell gesehen, dass die Bürgermeister nicht wirklich Interesse daran haben. Wir haben sehr bald den Trend zum Laden im halböffentlichen und privaten Bereich festgestellt, und dass die Marktentwicklung zu etwas Kleinerem geht, mehr in Richtung Wallbox: Zuhause, am Arbeitsplatz, in Einkaufzentren, also an Plätzen, wo man sich ohnehin länger aufhält.
Die KEBA-Wallbox ist vom Design her schon fast ein Klassiker und als sehr anwenderfreundlich bekannt. Kann sie mehr als nur Strom liefern?
Am Anfang lautete der Wettbewerb, einfach Strom zur Verfügung zu stellen, doch es hat sich schnell herausgestellt, dass es nicht nur ums Laden alleine geht, sondern um die Vernetzung mit dem Auto, dem Haus, und den Energielieferanten. Die Leistungspalette der Produkte verschiebt sich immer mehr von der „einfachen“ Wallbox hin zu integrierten Systemen. Was jetzt in den Fokus rückt, ist das Thema Abrechnung, das Messthema schlechthin. Bis jetzt haben ja fast alle nach Minuten Parkzeit abgerechnet. Es ist aber nicht egal, ob ich mit einem Hybrid oder mit einem großen Tesla lade. Künftig dürfen nicht mehr nur Energieversorger Strom verkaufen. Es wird bald eichrechtskonforme Wallboxen im Markt geben. Damit man auch sicher sein kann, dass die Wallboxen korrekt abrechnen. Die Abrechnung in Kilowattstunden darf nicht so ungenau sein wie ein Tacho oder eine Reichweitenanzeige. Seit Juli sind wir zertifiziert und unsere Wallbox ist jetzt auf Wunsch sozusagen ein Stromzähler, der auch laden kann.
Wie viele Wallboxen verkaufen Sie derzeit und wo?
Wir konzentrieren uns auf den Vertrieb in Europa. Über unsere OEM-Partner verkaufen wir aber ohnehin schon weltweit. Vergangenen September haben wir die 100.000endste Wallbox verkauft, inzwischen sind es rund 6000 Stück pro Monat. Wir sind in allen Vertriebskanälen gut aufgestellt, also über Autohersteller im Autohandel, regionale Energieversorger und Stadtwerke, im Großhandel und sogar Onlinehandel. Wenn man mehrere Wallboxen an einem Standort benötigt, hat, man idealerweise einen Vertrag mit einem Mobilitätsanbieter.
Interview: Rudolf Skarics